Unternehmen können gezielt gegensteuern – wenn sie die richtigen Hebel kennen.
Pandemie-Folgen, vereinfachte Krankschreibung, Alterung, verändertes Mindset der Generationen – aber auch: schlechte Führung, fehlende Teamkultur, mangelnde Identifikation, Anonymität und das Phänomen der „inoffiziellen Fehlzeitenplanung“. Das sind Faktoren, die Fehlzeiten im Unternehmen erhöhen.
Die neue Studie des Instituts für Beschäftigung und Employability (IBE) beleuchtet die verschiedenen Einflussfaktoren auf Fehlzeiten. Dabei differenziert sie klar zwischen Aspekten, die außerhalb des Einflussbereichs von Unternehmen liegen, und jenen, die aktiv gesteuert werden können.
Fehlzeiten haben in den letzten Jahren ein Rekordniveau erreicht. Laut AOK-Fehlzeitenreport liegt der durchschnittliche Krankenstand heute bei über 24 Fehltagen pro Jahr und Beschäftigtem – das sind rund 30 % mehr als vor der Pandemie. Die wirtschaftlichen Folgen sind enorm: Produktionsausfälle, Überlastung der Mitarbeitenden, Projektverzögerungen und steigende Kosten summieren sich laut Berechnungen auf über 200 Milliarden Euro jährlich. Doch was steckt hinter diesem Anstieg – und wie können Unternehmen darauf reagieren?
Ursachen: Ein komplexes Zusammenspiel
Fehlzeiten sind nicht nur medizinische Einzelfälle, sondern Ausdruck eines vielschichtigen gesellschaftlichen und organisatorischen Wandels.
Zu den externen, nicht steuerbaren Faktoren zählen:
- Pandemie-Folgen: Mehr Gesundheitsbewusstsein, Rücksichtnahme und eine geringere Hemmschwelle bei Krankmeldungen.
- Zunahme von Erkrankungen: Nachwirkungen von COVID-19, geschwächte Immunsysteme.
- Vereinfachte Krankschreibungen: Telefonische AU als neues Normal.
- Alterung der Belegschaften: Ältere Mitarbeitende sind oft länger krank.
- Generationenwandel: Jüngere Mitarbeitende priorisieren mentale Gesundheit und Work-Life-Balance.
Diese Entwicklungen können Unternehmen nicht verhindern – aber sie müssen lernen, damit umzugehen.
Handlungsspielräume im Unternehmen
Die gute Nachricht: Es gibt zahlreiche Stellschrauben, mit denen Organisationen das Fehlzeitenverhalten positiv beeinflussen können. Die Studie benennt neun zentrale Handlungsfelder:
- Arbeitsbedingungen verbessern
Weniger Verdichtung, mehr Gestaltungsspielräume und realistische Anforderungen reduzieren Belastung. - Gesundheitsförderung strukturieren
Ein nachhaltiges Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) senkt Fehlzeiten messbar. - Führung stärken
Präsenz, Anerkennung und Dialog sind Schlüsselfaktoren für Vertrauen, Motivation und Gesundheit. - Teamkultur entwickeln
Zugehörigkeit, Gerechtigkeit und offene Kommunikation wirken Fehlzeiten sozial entgegen. - Identifikation fördern
Wer sich mit seiner Arbeit und dem Unternehmen verbunden fühlt, bleibt länger gesund – und engagiert. - Anonymität abbauen
Kleine, stabile Teams stärken soziale Verantwortung und mindern Entfremdung. - Inoffizieller Fehlzeitenplanung vorbeugen
Wo Gerechtigkeit fehlt, entstehen stille Ausgleichsstrategien. Hier ist konsequente Kulturarbeit gefragt. - Work-Life-Balance ernst nehmen
Flexibilisierte Arbeitszeitmodelle, mobile Arbeit und familienfreundliche Angebote wirken präventiv. - Soziale Integration fördern
Besonders temporäre Beschäftigte brauchen gezielte Einbindung, um emotionale Bindung aufzubauen.
Fazit: Fehlzeitenmanagement ist Führungsaufgabe
Fehlzeiten sind kein reines Gesundheitsproblem – sie spiegeln auch Führungskultur, Arbeitsbedingungen und soziale Dynamiken wider. Unternehmen, die Gesundheit ganzheitlich denken und in Identifikation, Kommunikation und Zugehörigkeit investieren, schaffen nicht nur mehr Anwesenheit, sondern auch mehr Resilienz, Motivation und Zukunftsfähigkeit.
Die IBE-Studie macht deutlich: Fehlzeiten sind ein ernstzunehmender Indikator – aber auch eine Chance, Unternehmenskultur und Mitarbeiterbindung gezielt zu stärken.
Quelle:
Die Studie der IBE wurde im Mai 2025 veröffentlicht.
Zur Webseite des Instituts für Beschäftigung und Employability (IBE).